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3.2 Integrierter Ansatz der Portfolio-Auswahl


Um den Prozess der Projekt-Portfolio Auswahl bestmöglich auf die Unternehmensstrategie auszurichten, sollte eine ganzheitliche strategische Betrachtung vorangestellt werden. Hierzu stellen Archer etal. ein integriertes und oftmals zitiertesFramework bereit. Um die Strategie in den Prozess der Portfolio-Auswahl mit einzubeziehen, wird das Vorgehen in drei Phasen unterteilt, wie dargestellt in Abbildung 14.



Die erste Phase besteht aus einer ganzheitlichen Betrachtung der Unternehmensstrategie. Die strategischen Aspekte eines Projekt Portfolios können sehr komplex sein. Deshalb sollten vor der Projektbewertung zunächst interne und externe Einflussfaktoren auf die Unternehmensstrategie genau analysiert werden. Dabei sollten vor allem die aktuellen Stärken und Schwächen des Unternehmens detailliert untersucht werden, als auch die bestehenden Risiken in Betracht gezogen werden. Auch die Bedürfnisse und Einflüsse aller beteiligten Stakeholder sollten analysiert werden. Ziel der strategischen Analyse sollte sein, die Marktposition des Unternehmens bewertet zu haben und mögliche strategische Richtungen identifiziert zu haben, welche die Wettbewerbsvorteile des Unternehmens weiter ausbauen können. In der Anwendung sollten für jede Phase zudem eine Reihe von Regeln beachtet werden. Diese finden sich im Anhang auf Seite 55.

Erst in der zweiten Phase werden die einzelnen Projekte individuell bewertet. Dabei können zum einen wirtschaftliche Kennzahlen herangezogen werden. Diese umfassen bei- spielsweise den Kapitalwert (Net Present Value = NPV), die Kapitalrendite (Return On Investment = ROI) oder den geschätzten Nutzen des Projektes (Expected Value = EV). Eine weitere Art von Kennzahlen beruht auf Kosten-Nutzen-Analysen, welche zunächst getrennt die Nutzen und Kosten eines Projektes berechnet und anschließend in einen Quotienten mit einer gleichen Zeitperiode umgewandelt wird. Zudem sollte auch eineRisikobewertung der einzelnen Projekte durchgeführt werden. Diese besteht aus einer Kombination von der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (z. B. der Ausfall eines Pro- jektpartners) mit den entsprechenden Konsequenzen (gemessen in entstehenden Kosten). Resultierend werden bei der Risikoanalyse bestimmte Erwartungswerte für einzelne Ri- siken ermittelt und für das gesamte Projekt kumuliert betrachtet. Zuletzt kann gezielteMarktforschung dabei helfen, Kundenbedürfnisse zu identifizieren und daraus Prioritäten für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen abzuleiten (Archer et al., 1999).

Letztendlich findet in der dritten Phase die Auswahl der Projekte für das Portfolio statt. Dabei werden die Projekte hinsichtlich spezifischer Aspekte und Kriterien verglichen und priorisiert. Die am höchsten gelisteten Projekte werden anschließend für das Portfolio ausgewählt. Eine bekannte Methode ist Q-Sort, bei der erst verschiedenen Zielen einzelne Gewichte zugewiesen werden und anschließend die einzelnen Projekte hinsichtlich des Beitrags zur Zielerreichung bewertet werden. Mit dieser Technik können sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte betrachtet werden. Eine weitere Methode ist der Paarver- gleich, bei dem erst allgemeingültige Kriterien entwickelt und dann jeweils zwei Projekte in einer Matrix verglichen werden. Eine weitere Methode zur Entscheidungsfindung ist beispielsweise der Analytische Hierarchieprozess (AHP). Ein gemeinsamer Nachteil all dieser Methoden ist allerdings der sehr intensive zeitliche Aufwand bei einer großen Anzahl von Projekten, sowie der Umstand, dass der gesamte Bewertungsprozess bei neuen Projekten komplett wiederholt werden muss. Dagegen in der Praxis auch bei vielen Projekten einfach anwendbar sind Nutzwertanalysen beziehungsweise Scoring-Modelle. Diese verwenden eine geringe Anzahl an Entscheidungskriterien (z. B. Kosten, Erfolgswahrscheinlichkeit, personelle Ressourcen), um den Nutzen von Projekten zu evaluieren. Verschiedene Faktoren können zusätzlich gewichtet werden, sodass jedes Projekt einen kumulierten Score bekommt. Ein großer Vorteil ist, dass Projekte einfach hinzugefügt oder eliminiert werden können, ohne dass sich der Score der restlichen Projekte verändert. Eine weitere Methode sind Portfolio-Matrizen. Durch eine übersichtliche grafische Darstellung werden jeweils zwei Dimensionen dargestellt, wie z. B. Erfolgswahrscheinlichkeit und wirtschaftlicher Nutzen eines Projektes. Diese Methode ist durch die Möglichkeit der visuellen Darstellung einfach anzuwenden. Die letzte Methode der Portfolio-Auswahl stellen Optimierungsmo- delle dar. Diese beruhen ausschließlich auf quantitativen Kennzahlen, welche als Input für mathematische Berechnungen verwendet werden, die den maximalen Nutzen eines Projektes (z. B. den NPV) ermitteln. Diese Methoden gelten als sehr komplex, weswegen sie in der Praxis wenig Verwendung finden.